Zum Inhalt springen

Gedenkstele Displaced Persons und Shmuel Dancyger

    Adresse: Shmuel-Dancyger-Platz
    Reinsburgstraße / Ecke Rotenwaldstraße, 70197 Stuttgart
    Zugang: öffentlicher Raum
    Eigentum: Stadt Stuttgart
    Einweihung: 2018 / Erneuerung 17. September 2025
    © Beate Müller / Wilma Heuken

    Von August 1945 bis Juni 1949 befand sich zwischen der Reinsburg- und der Klugestraße in zwangsgeräumten Wohnungen ein Displaced-Persons-Center für bis zu 1.600 polnisch-jüdische Überlebende der Shoah. Die Displaced Persons (DPs) standen unter amerikanischem Schutz und wurden von der UN versorgt. Eine Rückkehr der Überlebenden nach Polen war wegen antisemitischer Pogrome nicht möglich, die Emigration nach Israel/Palästina oder in die USA bot sich erst ab 1948.

    Die DPs prägten das Stadtviertel mit ihrer jüdischen Kultur. Sie verwalteten sich selbst. Ein Komitee war zuständig für die Bereiche Arbeit, Bildung und Wohnen. In einem Kulturzentrum mit Schule und Bibliothek konnte eine Ausbildung gemacht werden. In der Reinsburgstraße gab es eine provisorische Synagoge, einen Tanzclub und Sportvereine. Die amerikanischen Besatzer richteten eine DP-Polizei ein. 30 jüdische Polizisten sicherten das Camp nach außen und innen. Von der deutschen Bevölkerung schlug den jüdischen Überlebenden Antisemitismus und antipolnischer Rassismus entgegen.

    Am 29. März 1946 führte die deutsche Polizei eine Razzia wegen Verdacht des Schwarzhandels in der Reinsburgstraße durch. Über 200 bewaffnete Polizisten drangen in die Wohnungen ein. Auf Proteste der Bewohner reagierten sie mit Schusswaffengebrauch. Drei Personen wurden verletzt, der 36-jährige Shmuel Dancyger getötet. Für die Tat wurde niemand zur Rechenschaft gezogen.

    Shmuel Dancyger hatte die Konzentrationslager Auschwitz und Mauthausen überlebt und seine Frau und beiden Kinder im DP-Center Stuttgart-West wieder gefunden. Er wurde auf dem Israelitischen Friedhof Bad Cannstatt bestattet.

    Die DPs des Camps reagierten mit Protesten und der Veröffentlichung einer Extra-Ausgabe der Zeitung „Oyf der fray“ auf die Razzia und die Ermordung von Shmuel Dancyger.

    Seit 2018 erinnert eine Gedenkstele an das Displaced-Persons-Center in Stuttgart-West und Shmuel Dancyger. Im September 2025 wurde die Gedenkstele aktualisiert und der Platz an der Ecke Reinsburgstraße/ Rotenwaldstraße nach Shmuel Dancyger benannt.

    Siehe auch:
    haGalil
    Landeshauptstadt Stuttgart
    SWR Aktuell
    Grabstätte Shmuel Dancyger