Adresse: Waldfriedhof – Abteilung 6ö
Waldfriedhof 3, 70597 Stuttgart
Zugang: Öffnungszeiten städtische Friedhöfe
Beisetzung: 1963
© Beate Müller
Dr. Karl Strölin (1890–1963) wurde in Berlin als Sohn eines Offiziers geboren und militärisch ausgebildet. Im Ersten Weltkrieg diente er durchgehend an der Front und kehrte als Hauptmann zurück. 1920 verließ er die Reichswehr, studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Wien und Gießen und promovierte über die wirtschaftliche Lage Stuttgarts.
Politisch früh nach rechts orientiert, trat er 1931 der NSDAP bei und wurde noch im selben Jahr deren Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat. 1933 ernannte ihn die NS-Regierung zum Staatskommissar und anschließend zum Oberbürgermeister auf Lebenszeit; dieses Amt übte er bis 1945 aus. Trotz seiner Rolle im NS-Staat galt er als pflichtbewusster Verwaltungsfachmann und erhielt 1937 das Amt des Präsidenten des Internationalen Verbands für Wohnungswesen und Städtebau.
Bereits vor Kriegsbeginn distanzierte sich Strölin zunehmend vom Regime und schloss sich spätestens 1940 dem Goerdeler-Kreis an. Ihm wird zugeschrieben, Verfolgten geholfen, Todesurteile verhindert und sich intern gegen Judenverfolgung und Kirchenunterdrückung ausgesprochen zu haben. Gleichwohl zeigte er nach außen Loyalität zum Regime – ein Spannungsverhältnis, das sein Handeln bis heute ambivalent erscheinen lässt.
Im April 1945 übergab er die Stadt kampflos an französische Truppen, wurde danach verhaftet und verbrachte drei Jahre in Internierungslagern. 1948 stufte die Spruchkammer ihn als „Minderbelasteten“, später als „Mitläufer“ ein – Bewertungen, die damals wie heute umstritten sind.
Die später zugänglichen Entnazifizierungsakten bestätigen seine wachsende Distanz zum NS-Regime, ohne die Ambivalenz seiner Rolle vollständig aufzulösen. Strölin starb 1963.
