Adresse: Waldfriedhof – Abteilung 20b
Waldfriedhof 3, 70597 Stuttgart
Zugang: Öffnungszeiten städtische Friedhöfe
Beisetzung: 1980
© Beate Müller
Christian Mergenthaler gehörte zu den führenden Nationalsozialisten Württembergs und amtierte von 1933 bis 1945 als Kultminister des Landes.
1884 in Waiblingen als Sohn eines Bäckers geboren, studierte er Mathematik und Physik und arbeitete zunächst als Lehrer. Der Erste Weltkrieg prägte ihn nachhaltig; er diente als Offizier an der Front. Politisch radikalisierte er sich früh und trat 1922 der NSDAP und der SA bei. Als überzeugter Antisemit trat er mit scharfer antisemitischer Agitation hervor und zog 1924 in den württembergischen Landtag ein, wo er offen eine „völkische Diktatur“ forderte und die Bekämpfung des Parlamentarismus „von innen heraus“ propagierte.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde Mergenthaler 1933 Ministerpräsident und Kultminister Württembergs. Vor allem Letzteres nutzte er konsequent zur Durchsetzung der NS-Ideologie im Bildungswesen. Lehrkräfte sollten zu „fanatischen Kämpfern“ für den Nationalsozialismus erzogen werden; Lehrpläne wurden ideologisch umgestaltet, ein engmaschiges Kontrollsystem aufgebaut. Parteitreue wurden systematisch bevorzugt, Kritiker diszipliniert, versetzt oder entlassen. Mergenthaler trat autoritär auf, trat häufig in SA-Uniform auf.
Er schränkte den Einfluss der Kirchen massiv ein: 1936 löste er sämtliche Konfessionsschulen auf, ab 1938 versuchte er den Religionsunterricht durch NS-Weltanschauung zu ersetzen. Zugleich forcierte er neue Schulformen wie Aufbauschulen sowie die Gründung einer Hochschule für Volksschullehrer.
Trotz seinem stark ideologisch geprägten Engagement galt Mergenthaler innerhalb der NS-Führung als isoliert. Seine Rivalität mit Gauleiter Wilhelm Murr und sein schroffer Führungsstil schwächten seine Position.
Nach Kriegsende wurde er interniert und 1948 von der Spruchkammer als Hauptschuldiger eingestuft. Er verlor seine Pensionsansprüche und erhielt Berufsverbot. 1953 bekam er im Gnadenweg das Ruhegehalt eines Studienrats. Mergenthaler starb 1980 in Bad Dürrheim.
Siehe auch:
Stadtlexikon
Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg
